Experten-Interview: Die Fakten über Dolby Atmos für Zuhause

Während der HIGH END Messe 2022 in München hatten wir die Gelegenheit und Freude uns ausführlich mit dem Schweizer Audio-Ingenieur und 3D-Sound Experten Roger Baltensperger über die 3D-Soundformate Dolby Atmos und Auro-3D zu unterhalten. Dabei gab er uns einen intensiven Einblick in die Unterschiede von Dolby Atmos Spuren, die für das Kino und dann später für das Heimkino gemischt werden. In diesem Video erfahren Sie somit weitere Details und Hintergründe zu Dolby Atmos, den optimalen Lautsprecherlayouts und dem technischen Aufbau.

Die Gesprächspartner

  • Patrick Schappert - GrobiTV
  • Dennis Feiler - GrobiTV
  • Roger Baltensperger - freischaffender Audio-Ingenieur und 3D-Sound Experte

 

Patrick Schappert: Ja, herzlich willkommen hier bei GobiTV, unserem Heimkino-Kanal. Es ist Sonntagmorgen, 09:30, heilige Zeit und wir sind auf der HIGH END [Messe München], letzter Tag. Da haben wir ja, wie Ihr sicherlich mitbekommen habt [Video Teil1 und Video Teil2 auf dem Grobi YouTube-Kanal], einen kleinen Messestand aufgebaut, wo wir doch in zwei Räumen die Möglichkeit haben, das Thema 3D-Sound, unsere Partner, die neuesten Produkte etc. zu präsentieren und im Zuge der Vorbereitung für diese HIGH END Messe und unserer Präsentation von 3D-Sound Beispielen mit Schwerpunkt Dolby Atmos - ein kleiner Insider soll mal einer sagen, ich würde Dolby Atmos nicht puschen - haben wir den Roger kennengelernt und der Roger ist auch persönlich hier und somit haben wir uns natürlich auch mal ein bisschen hinter den Kulissen unterhalten über all das, was Du mit dem Thema 3D-Sound und Mischung zu tun hast, weil das ist Dein Steckenpferd. Du bist was genau?


Roger Baltensperger: Ich bin freischaffender Audio-Ingenieur aus der Schweiz. Ich betreibe mein eigenes Studio mit Fokus auf Postproduktion für Film, Medien, auch Musik natürlich in 3D-Audio. Also ich kann Auro [Auro-3D] und Dolby Atmos machen und ich arbeite da wirklich für Filme, Serien und auch Musik in diesem Format. Und wir haben ja, genau, wie Du wahrscheinlich jetzt draufkommen wirst, eine Zusammenarbeit diesbezüglich mit dem Sampler angefangen. Und da haben wir durch diese Zusammenarbeit einige Themen nochmal aufgegriffen, auf die wir jetzt eingehen.


Patrick Schappert: Genau auf die wir jetzt eingehen werden. Wir müssen schauen, dass wir bis 10 Uhr fertig werden, weil, das schaffen wir, denke ich mal, also er ist jetzt wirklich jetzt mal einer der, der an diesen Mischern sitzt und Filme auch bearbeitet. Du hast gesagt, Kurzfilme, Serien, Spielfilme. Interessant ist, in der Schweiz müssen jetzt irgendwie 4 % der Produktion bei Netflix in der Schweiz stattfinden.


Roger Baltensperger: Das wurde gerade per Abstimmung vom Volk so entschieden, dass das, das Netflix wieder 4 % des Umsatzes, die sie machen, in die Schweiz investieren müssen. Also sei das Postproduktion bei uns, zum Beispiel natürlich in der Schweiz oder Dreharbeiten, was auch immer. Einfach, dass das in der Schweiz wieder in die Branche einfließt.


Patrick Schappert: Okay, so ganz konkrete Sache jetzt hier. Wir haben darüber gesprochen, im Vorfeld mal wieder mit der Thematik, wie das mit den Objekten ist, wie das mit den feststehenden Objekten ist, wie es mit Kanälen ist. Wir haben Dir erzählt, dass wir ab und an mal bei den großen Hollywood Produktionen die Situation haben, dass man vorher vier Lautsprecher hatte, wo man einen schönen Klang oben hören würde und dann hat man plötzlich sich 6 [Lautsprecher] gekauft und dann ist plötzlich alles in der Mitte fokussiert. Da gab es immer wieder so Aussagen, die teilweise für uns nicht ganz so richtig klar waren, was damit gemeint ist. Aber ich muss ganz ehrlich sagen Du hast uns das gestern so gut erklärt, dass wir gesagt haben, das müssen wir jetzt doch tatsächlich mal als Video machen. Und der Dennis hat auch mit Dir noch mal einiges gefachsimpelt. Dennis hat jetzt ein bisschen was vorbereitet, dass wir Euch das auch gleich mal einblenden können und mal zeigen können. Denn wir haben natürlich hier eine Trinnov, die Trinnov Altitude 32, die steht hier mit einem Setup von neun Lautsprechern unten, neun Lautsprecher oben und vielleicht sagt Dennis noch mal ganz kurz: Was war echt hier die Riesenherausforderung bei dem Raum hier?


Dennis Feiler: Hier die Herausforderung aber primär, dass wir eben es schaffen, sowohl die Mitte gut zu beschallen, als auch eben die Außenplätze, damit alle hier ein einigermaßen ähnliches Klangerlebnis haben. Und dafür haben wir eben mehr Lautsprecher aufgestellt, als das jetzt zum Beispiel zu Hause machen würde, um eben diese sogenannte High Spatial Resolution, also viele Schallquellen im Raum zu haben, damit wir nicht zu abhängig von Phantom-Schallquellen sind, also wenn ein Ton zwischen zwei Lautsprechern positioniert wird. Bekanntestes Beispiel, ich habe ein Stereo-Setup und die Stimme kommt aus der Mitte. Sobald ich aber aus der Mitte raus gehe, brauche ich einen Center [Lautsprecher], damit die Mitte die Mitte bleibt. Und das lässt sich eben übertragen, sowohl auf der Kreisform auf der unteren Ebene als auch natürlich nach oben hin. Und das haben wir dann hier gemacht, deswegen auch dieses Setup.


Patrick Schappert: So ist es. So, jetzt gibt es, also fangen wir vorne an, es gibt immer wieder die Frage, du hast ein Kino-Setup, du hast ein „Kino Dolby Atmos“. Was ist dann für Dich der Unterschied, wenn Du das sagst, der Kinofilm muss jetzt auf Blu-ray UHD rüberkommen. Musst Du da was zusammendampfen? Musst Du da was komprimieren? Musst Du was weglassen? Weil, es gibt immer unter anderem die Frage: „Hey, im Kino haben die vielleicht den Hubschrauber gehabt, den haben die mir nur zu Hause weggelassen...“ oder solche Geschichten. Gibt es diesen Effekt oder sagst Du: „Nein, so was gibt's grundsätzlich erstmal nicht.“?


Roger Baltensperger: Grundsätzlich würde ich auf ein Nein tendieren und ich muss da natürlich noch ein bisschen ausholen, weil es ein paar Details gibt. Also im Kino haben wir wirklich die vollen 128 Kanäle [Objekte] für Dolby Atmos, zehn davon gehen an das sogenannte Bett oder das Bed [engl.]. Das ist wirklich das 7.1 und zwei Höhenkanäle. Da arbeiten wir wie damals in 5.1 mit Kanälen und nachher kommen diese sogenannten Objekte dazu. Also die restlichen 118 [Kanäle] sind frei verteilbare Objekte. Und im Kino wird das dann auch so abgespielt. Auf der Blu-ray wäre das natürlich einfach rein, schon wegen der Bitrate und den Daten, die da drauf müssen, nicht möglich. Deshalb werden all diese 128 Objekte auf 16 sogenannte Objekt-Gruppen durch das Spatial Coding zusammengefasst. Das heißt, mein großer 128 Objekte-Mix wird dann auf der Blu-ray im TrueHD Format oder auf Streaming auf Dolby Digital plus in diese 16 Objekte zusammengefaßt. Dolby Digital plus ist natürlich auch Verlust behaftet bezüglich des Klangs. TrueHD ist lossless, also verlustfrei, aber trotzdem auf diese 16 Objekte zusammengefaßt. Die Objekte können aber dynamisch in diese Gruppen rein oder raus. Sie werden nicht für den ganzen Film zusammen, wenn sich dann ein Objekt, nach dem vielleicht drei hinten rechts waren, da wegbewegt, dann kann das aus dieser Gruppe raus und seine eigene Gruppe werden. Das ist ein dynamischer Prozess der Reduktion der Objekte, aber nicht des Klangs und bestmöglich natürlich nicht der Auflösung im Raum, wenn es möglich ist. Aber das ist natürlich immer ein bisschen ein Kompromiss, wenn man von 128 auf 16 runter geht.


Patrick Schappert: Na ja, und es ist ja noch mehr Kompromiss, wenn man mir sagt, ich könnte mit zwei Lautsprechern oben auch schon bereits den Spaß bekommen. Da würde es wahrscheinlich auch sagen also vier sollten es wahrscheinlich sein, oder?


Roger Baltensperger: Genau, sonst haben wir natürlich keine Bewegung von vorne nach hinten. Also wir können die zwei im Bed nutzen, natürlich, aber dann ist es einfach wirklich nur oben oder unten. Wenn wir eine Bewegung von vorne nach hinten haben mit einem Objekt, dann wollen wir natürlich, dass es vorne anfängt. Dann ist es eine Phantom-Schallquelle, wie Dennis vorher erwähnt hat, wenn sie in der Mitte keinen hat. Und dann kommt es auf dem hinteren Lautsprecher an, also dasselbe wie unten mit vorne und hinten, sonst hören wir nur oben oder unten.


Patrick Schappert: Irgendwie schart der Dennis mit den Hufen. Er möchte sicherlich was fragen oder ergänzen.


Dennis Feiler: Nein, alles gut, alles gut so weit. Ich höre weiterhin aufmerksam zu, damit sich das alles auch noch mal setzt bei mir.


Patrick Schappert: Okay, jetzt haben wir also die Objekte. So Objekte sind diese wunderschönen kleinen gelben Kügelchen, die die Trinnov uns unter anderem anzeigen kann. Wir haben das mal hier unten mal eingeblendet. Das heißt also, hier sieht man jetzt diese kleinen Kügelchen, hier sieht man den Raum. Das ist ja eigentlich auch ein Raum, den Du bei Deinem Mischpult ja auch siehst. Du hast ja eigentlich nur einen Raum, ein viereckigen Kasten, sag ich mal, indem Du Dein Objekt, also sagen wir mal von mir aus die Biene, die von vorne nach hinten fliegen soll, dann fliegt die von vorne dahin, indem Du da wahrscheinlich so einen Joystick hast, dann geht die einmal rüber und dann hoffst Du, dass später dort in dem Kino Lautsprecher sind, damit die dort dann einzeln der Reihe nach angeflogen werden.

 

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Roger Baltensperger: Man man weiß natürlich bei Dolby Atmos nicht, dass da ein Lautsprecher sein wird, weil das Setup ist natürlich flexibel. Das Minimum würde ich sagen jetzt 5.1.4, man kann 5.1.2 machen, aber aus genannten Gründen 5.1.4 macht Sinn. Die Empfehlung damals für Heimkino, um dafür zu mischen, zum Beispiel für Netflix, war 7.1.4, also, dass man die Seiten noch dazu nimmt und jetzt für Musik, mittlerweile ist es das 9.1.4, also wie wir hier haben auch noch die Wide Speaker, die dazukommen. Das ist auch mein Setup im Studio, ich habe 9.1.4. Genau.


Patrick Schappert: Da haben wir doch alles richtig gemacht, oder? Der gute Dennis endlich mit seinen Front Wides noch mal bestätigt. Yes! Er hat sie. So, also du hast 9.1.4 machst Du,  ja jetzt kommen aber meine sechs [Lautsprecher] da oben. Was mache ich denn da?


Roger Baltensperger: Genau. Die sechs waren ursprünglich so das maximale Setup, das man für Heimkino Atmos empfohlen hatte bei Dolby, bevor die ganze Musikgeschichte ins Rennen kam. Und da fügt man eigentlich einfach an der Decke zusätzlich noch die Top Middle hinzu. Wir haben natürlich vorne immer die Diskussion: Wollen wir ein bisschen mehr über den Front Lautsprechern sein? Da sind wir näher am Auro-3D Setup dran oder wollen wir wirklich die 45 Grad einhalten, die Dolby empfiehlt für, das heißt dann nicht mehr Height, sondern Top. Das ist dann schon fast über den Wides von der Position her, wir wählen..., da fehlt uns dann aber wieder Bezug Phantom-Schallquellen, ein bisschen die akustische Verbindung zu der Front und vor allem für Musik ist das natürlich eher ungeeignet. Also wenn man ein Setup dazwischen will, dann ist man irgendwo zwischen 30 und 35 Grad und nicht bei den 45 von Dolby. Das ist bei mir im Studio auch so, das ist eine Kompromisslösung, dass ich dann aber ohne jedes Mal die Lautsprecher bewegen zu müssen, für Auro und Dolby produzieren und abhören kann. Wenn dann die .6 dazu kommt, dann wird die natürlich von den Objekten ganz genau gleich genutzt, also wenn wir wieder die Biene haben, die von vorne nach hinten fliegt, dann ist das in der Mitte keine Phantom-Schallquelle, sondern ein echter Lautsprecher. Also wenn sich ein Objekt bewegt, habe ich mehr Auflösung. Da ist es natürlich ein Vorteil. Was wir gestern noch angesprochen haben ist, wenn man wirklich ein Signal oben hat mit 0.4 und wir sagen, das ist wirklich in der Mitte platziert, dann wird es zu einer Phantom-Schallquelle, dann spielen alle vier Speaker natürlich ein Signal ab. Wenn jetzt aber der Trinnov oder was auch immer für ein Receiver weiß: „Oh, da ist kein Lautsprecher.“, dann wird es aus allen vier abgespielt, aber wenn er weiß, da ist einer, dann macht er es natürlich nur in diesen Lautsprechern. Der sucht immer, was ist das Optimalste an den vorhandenen Lautsprechern, wie ich das abspielen kann. Und da wird man natürlich, wenn ein Signal nur oben mittig platziert ist und keine Bewegung hat wie die Biene, je nachdem ein bisschen enttäuscht, wenn dann nur zwei und nicht sechs Lautsprecher spielen. Also das hängt davon ab, ist da ein Lautsprecher oder nicht, und ist da im Objekt eine Bewegung oder nicht? Und wir sehen natürlich, wie Du auch schon erwähnt hast, viele statische Mixes, wo die Objekte da sind, aber nicht unbedingt viel Bewegung haben. Und dann fallen vier dieser Höhen-Lautsprecher weg und es ist natürlich ganz klar wahrnehmbar, dass das nur aus zwei und nicht aus sechs kommt.


Patrick Schappert: Also das heißt, ein Objekt muss sich nicht automatisch bewegen, ein Objekt wird häufig auch genommen, um es statisch in eine Ecke reinzusetzen. Und das ist das dann, was wir bei Hollywood häufig sehen, dass die da relativ wenig mit wirklichen beweglichen Objekten arbeiten. Das heißt, ja ich muss jetzt nochmal versuchen das zusammenzufassen: Also wir haben die vier Lautsprecher, statisch ist das Objekt da drin. Richtig? So, also bei denen, wo wir nachher den Effekt haben, dass wenn Papa sich zwei weitere [Lautsprecher] kauft, dann ist die Nummer plötzlich nur noch in der Mitte. Was ist denn dann bei den anderen besser gemacht worden, wenn die dann trotzdem, dass wir jetzt die zwei Lautsprecher hier haben, also sechs insgesamt, dass es da aber vermeintlich hörbar funktioniert. Was passiert denn da?


Roger Baltensperger: Sobald auch nur die kleinste Bewegung da drin ist, werden natürlich die anderen Lautsprecher auch angesprochen. Also wenn es nur ein bisschen vor der Mitte startet und nach Hinten geht, dann werden alle angesprochen. Oder wenn ich natürlich Signale räumlich verteile, also bei den 3D-Sampler Sachen haben wir viele 9.1.6 Beispiele gemacht, da haben wir wirklich Objekte für Vorne, für die Mitte und für Hinten. Und dann werden natürlich alle angeregt und wir haben da auch natürlich künstliche Räume hinzugefügt für den Klang und dass die Vorne nicht genau gleich klingen wie Hinten, haben wir dann separate Objekte genutzt und das ist immer die Frage: Nutzt der Mischer das oder in welcher Form? Und oftmals ist die Bewegung natürlich auch Unten wahrnehmbar und man braucht oben nur ein bisschen eine Höhenausdehnung, dann kann es auch den psycho-akustischen Effekt geben, dass es trotzdem über einen drüber geht. Aber das fällt natürlich dann ein bisschen weg bei 0.6, weil man ganz klar den Lautsprecher hört, oftmals auch genau da, wo man sitzt. Das kann sein, dass der 0.6 die kürzeste Entfernung hat, rein von der Raumgeometrie her, aber grundsätzlich höher gibt eine bessere Auflösung. Wenn man natürlich aber will, dass alle Lautsprecher mitspielen und vielleicht auch diese Phantom-Schallquelle als angenehm empfindet für die Höhe, dann sollte man bei 0.4 bleiben. Das ist aber sehr abhängig, was der Mischer macht und da ist uns natürlich komplette Freiheit überlassen. Oder der Regisseur entscheidet sich: „Nee, ich will da oben nicht so viel Bewegung, ich will das nur ein bisschen als Ergänzung.“ oder er ist wirklich völlig überzeugt von dem Atmos und sagt: „Okay, das nutzen wir ja jetzt voll aus.“ Also das kann kreativ oder technische Entscheidung sein.


Patrick Schappert: Oder eine finanzielle, weil den Eindruck habe ich ja, dass Du ja schon deutlich länger daran arbeitest, wenn Du mir das so mischen möchtest, dass der Papi Spaß hat, weil er Unten die neun und Oben die sechs hat und ich nicht das volle Vergnügen bekomme, dann sitzt du einfach auch länger im Studio und muss einfach mehr machen. Ist ja einfach mehr Gehirnschmalz, mehr weiß nicht was. Und eben mehr Zeit.


Roger Baltensperger: Richtig. Kosten. Zeit. Das hat natürlich immer Abstriche, die gemacht werden. Ein Missverständnis, wenn ich jetzt gerade die Chance habe, dass ich natürlich gerne noch klären würde, ist, wenn man einen Mix hat mit sehr viel beweglichen oder sich bewegenden Objekten, im Gegensatz zu einem Mix, wo man in die Trinnov guckt und sieht, ja, da hat es zwar Objekte, aber die bewegen sich nicht. Ich weiß von Kollegen aus Amerika, die auch Filme für Disney oder Skywalker machen, dass da oftmals, da ist natürlich wieder der Gedanke wir kommen von 128, und bei diesem Film geht natürlich einiges ab, da werden nicht nur 20 von denen genutzt, da wird jedes letzte Objekt voll ausgenutzt im Kino, wenn das jetzt auf 16 runtergerechnet werden muss, da verliere ich einiges. Also all die Objekte, die sich ganz filigran bewegen und mit viel Mühe und Aufwand gesetzt wurden, das geht da einfach verloren dieser Eindruck. Was Sie dann machen ist, sie nehmen eigentlich noch einen Computer als Aufnahmemaschine und spielen diesen gesamten Kino-Mix mit den 128 Kanälen in ein vorbereitetes sogenanntes Objekt-Bed. Also sie machen da zum Beispiel ein 7.1 und vier Objekte Oben und nehmen damit den ganzen Kino-Mix auf. Das heißt all die feinen Bewegungen sind nachher in eine neue Mischung eigentlich mit eingeflossen. Es wird nicht von 128 auf 16 reduziert, sondern es wird neu aufgenommen und diese Objekte sind nur da, damit es eigentlich richtig dargestellt wird.


Dennis Feiler: Also quasi, als wenn ich versuche bei einer Live-Aufnahme durch eine Positionierung von mehrfachen Mikrofonen den ganzen Raum einzufangen, gehen die virtuell hin und versuchen den Kinoraum mit 16 Mikrofonen aufzunehmen, rüber zu spielen, und das habe ich dann gestern auch schon gelernt, das sieht dann statisch aus, weil die 16 Mikrofone dort bleiben, wo sie sind. Aber dazwischen bewegen sich dann doch eben Sachen, wie zum Beispiel Panning, wie wir bei Stereo haben, von links nach rechts. Es bewegt sich ja auch, obwohl wir keine Objekte in der Stereo-Musik haben. Das habe ich gestern schon so mitbekommen.

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Roger Baltensperger: Das ist auch wirklich eine sehr gute Metapher, daß das eigentlich Mikrofone sind oder das sind eigentlich Objekte, die sind dann nur Platzhalter für Lautsprecherpositionen. Die Bewegung ist aber trotzdem vorhanden. Wenn kein Objekt von A nach B fliegt, heißt das nicht, dass die Bewegung nicht da ist. Es kann auch einfach gebraucht, missbraucht und umfunktioniert worden sein, damit das näher am Kino-Mix ist. Das ist eine technische Entscheidung dieser Mischer. Ich weiß, dass es einige gibt, die das so machen, weil sie dann wissen: Okay, das hört sich wirklich genau so an und es kommt nicht darauf an, was der Receiver dann macht. Also je mehr Kontrolle natürlich der Mischer noch über das Endprodukt hat, das nimmt er natürlich wahr, wenn er das kann, wenn er nicht, die Entscheidung dann eigentlich einem Gerät, das er nicht kennt, überlassen muss. Es ist natürlich ein bisschen schade. Man sieht dann nicht die Objekte, aber man kann natürlich argumentieren, es ist trotzdem näher am Kino-Mix dran, als wenn wir einfach die 128 durch irgendwelche Sachen hinter den Kulissen von Dolby auf 16 reduzieren lassen. Das ist eine Entscheidung, die oft gemacht wird und es sieht dann nach wenig aus. Ich habe schon auch an mehreren Orten gehört, ist es dann „Fake-Atmos“ oder vielleicht nur ein Up-Mix? Das muss nicht zwingend sein. Also keine bewegenden Objekte. Immer mal noch genau reinhören. Handelt es sich vielleicht um so ein Szenario?


Patrick Schappert: Wir haben aber auch festgestellt, in den letzten drei Tagen, als wir mit den Fachleuten gesprochen haben, speziell bei der VDE-Tagung, dass die sich noch ein bisschen schwertun mit den möglichen Layouts, die zu Hause vorgefunden werden. Das heißt also, wir haben leider die Problematik, dass man in Deinem Studio sitzt, hat dort sein Basislayout und dann ist zu Hause ein Layout, was dann dafür sorgt, dass der Film klanglich eventuell ganz anders mit seinen Objekten etc. umgeht. Also die simpelste Variante war, die Stereo-Variante, da wusste jeder was von zwei Lautsprechern. Wie groß und wie klein die waren war mir egal, die standen nebeneinander, aber hier haben wir ja eine ganze Menge Varianten. Das heißt ja, von uns ist ja eine Empfehlung in den letzten Jahren immer wieder gewesen: Bitte nehmt Euch Unten die fünf und holt euch oben wenigstens die vier und hört auf mit dem Quatsch, da nur zwei oder nur einer, in dem Fall nicht, aber zwei vorne oder zwei hinten oder zwei über euch. Das ist einfach so weit weg von Euren Mischungen. Das ist nicht das Ziel.


Roger Baltensperger: Genau das will ich auch unterschreiben. Dass die vier Oben sicher Sinn machen und fünf Unten lässt sich ja auch in einem Wohnzimmer noch anständig platzieren. Wenn man natürlich dann Seiten und Back Surrounds hat, muss man gucken, ob man da in dem Sinne an der Frau und den Kindern noch vorbeikommt oder sich die ganze Stube zustellt. Das ist natürlich dann die andere Debatte. Aber wir haben wirklich für Film, für Heimkino eigentlich den 7.1.4 Standard, aber 5.1.4 ist sicher besser als 7.1.2. Also wenn wir Oben die vier für die Auflösung haben, dann hilft uns das einerseits für Atmos und natürlich auch für Auro 9.1. Wir haben dann die vier Lautsprecher Oben auch bereits für Auro und das war ein Teil der Debatte, weil bei Atmos natürlich noch in der Fläche zwei Lautsprecher mehr dazukommen, was bei den Auro 9.1 Mischungen nicht vorhanden war. Und dann war die Debatte, machen wir das auf die Surrounds oder auf die Surround Back? Also zerfällt uns eigentlich diese Achse ein bisschen, oder natürlich die in der Länge des Raumes. Genau. Und da muss man gucken, will man die Seiten noch dazu nehmen, macht man dann auch gerade die Wides, die man bei Atmos noch hat. Und das ist ein Unterschied auch von Film und Musik und Klang-Ästhetik also das wird heute noch nicht geklärt werden, aber wir sind sicher schon viel näher gekommen durch diese Zusammenarbeit, dass wir hier wirklich ein High Level Home Feature, eigentlich das Setup wirklich auseinandernehmen konnten, reinschauen, mit Dennis in die Details gehen und dann aber auch für Euch, dass Ihr unsere Seite eigentlich seht. Was machen wir in der Produktion und was liefern wir ab und was passiert hinter den Kulissen, bevor es dann auf die UHD Blu-ray kommt?


Patrick Schappert: Okay, und ich will auch noch mal festhalten, Ihr dürft ja generell nicht an die Spuren überhaupt ran. Ihr dürft, wenn überhaupt, nur von mir aus das in Schwyzerdütsch übersetzen. Aber ich sag mal, das heißt, die Sprache darf ausgetauscht werden, aber Ihr geht eigentlich nicht in die ganzen Abmischungen an sich rein. Also eine amerikanische Original englische oder die englische Abmischung sollte sich in seiner Rundum-Klangqualität und in Objekten usw. nicht verändern, weil der Synchronisation oder das Synchronisation-Studio darf nur die Sprache eigentlich austauschen.


Roger Baltensperger: Bei Filmen sind wir jetzt immer noch.


Patrick Schappert: Wir sind jetzt bei Film, wir sind jetzt wieder bei Film. Ja, ja, klar.


Roger Baltensperger: Genau. Wir halten da sogenannte IT-Versionen, also der internationale Ton. Also da wurde wirklich dann einfach die Stimmen der Originalfassung rausgenommen, die werden dann im Studio wieder aufgenommen und eingefügt. Wir haben aber noch die Kontrolle, wenn sich natürlich auch die Satzstellung oder das Timing ein bisschen ändert, dass wir da die Musik oder die Umweltgeräusche oder so ein bisschen zurückfahren können. Also wir kriegen das als einzelne Spuren. Aber natürlich, es ist eine Mischung, die bereits erstellt wurde, also das ist so wenig wie nötig, wird die irgendwie noch bearbeitet oder verändert. Und wir haben aber wirklich eigentlich die Kontrolle darüber, was machen wir mit der Synchronfassung, aber nicht: Fliegt jetzt der Helikopter über uns drüber oder bleibt er in der Fläche? Also die Entscheidung wurde uns bereits abgenommen. Ja.


Patrick Schappert: Okay, alles klar. Das heißt, es gibt dann natürlich den Unterschied bezüglich Dynamik, vielleicht Lautstärke. Dann habt ihr natürlich leider die Vorgabe, in welchen Codec das nachher gehen muss. Und dann hast Du eine Sprache, die Englisch und ihr müsst dann leider Gottes oder die entscheiden dann, dass Eure Spur, die auch in der Superqualität da ist, aber die wird dann runtergerechnet, weil der Speicherplatz ist nicht da etc. Das ist alles nicht in Deinem, in Deinem Ermessen, daß ist nicht in Deiner Entscheidung, Du lieferst denen das Beste ab und dann entscheiden die Jungs, ob die daraus zwei Blu-rays machen oder ob sie da eine internationale machen, wo 30 Sprachversionen drauf sind.


Roger Baltensperger: Genau. Wollen sie noch einen Commentary Track vom Director oder wollen sie die deutsche Spur in voller Auflösung? Da werden dann die Abstriche gemacht, meistens immer zuerst beim Sound und nicht beim Bild, wie wir wissen.


Patrick Schappert: Hast du noch was? Möchtest du noch was anmerken?


Dennis Feiler: Ähm, ja. Also ich finde, generell war das echt, wie du gerade schon sagtest, eine mega interessante Sache, einfach mal die drei Welten zusammenzuführen. Also die, die es nachher installieren, die, die es gemacht haben. Und die Dritte Welt ist quasi die Technik, weil wir hatten ja auch die Kollegen von Trinnov hier, die also auch da noch mit geschaut und mit gesprochen haben. Und ein paar Sachen sind auch mir immer noch klarer geworden. Ich meine, wir lernen auch immer weiter dazu, weil es ja auch einfach immer noch in der Entwicklung ist. Wir sind ja lange noch nicht fertig mit all dem, was man machen kann und das war auf jeden Fall spannend.

 

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Patrick Schappert: Ja, Du hast Masters of 3D-Sound erwähnt. Das ist also ein Projekt, mit dem wir hier mit dem Lasse Nipkow und dem Gregor Zielinsky und ihm jetzt hier gemeinsam seit mehreren Wochen und Monaten schon arbeiten. Das ist also das Ziel, eine, einen Sampler, eine Blu-ray rauszubringen, wo Ihr dann eine große Bandbreite an Musikstücken hören könnt. Also Genres, wie man so schön neudeutsch, würde ich sagen, sagen würde, also von der Kirchenmusik, wie wir das 40.000 Kubikmeter habe ich dann plötzlich in meinem Wohnzimmer Hörgefühl, weil das in der Kirche aufgenommen wurde, in Luzern oder eben hier Rambazamba. Da haben wir auch mal Gas gegeben und da hast du uns hier Mischungen gebracht, also da leuchten natürlich die Augen, weil da ist ja wirklich alles genutzt worden, was wir hier in einem Raum haben, also 9.1.6, da könnt Ihr Euch echt drauf freuen. Da wird es richtig tolle, tolle Sachen geben, die wir da in den nächsten Wochen also peu a peu euch vorstellen werden. Und dann wird es irgendwann das fertige Produkt geben. Und dann wollen wir mal sehr gespannt, wie Ihr das findet. Ich glaube, Ihr werdet ab und zu mal wahrscheinlich Eure Anlage neu erleben und Ihr werdet auch wahrscheinlich den einen oder anderen Nachbarn neu kennenlernen. Das könnte ich mir auch vorstellen bei der Musikauswahl, die wir da haben, nicht wahr?

 

Cover-Masters-Of-3D-Sound


Roger Baltensperger: Wir haben eine sehr große Bandbreite und wir haben natürlich aber überall auf dieses Umhüllende eigentlich Fokus gelegt, dass man wirklich das Maximum aus seiner 3D-Anlage rausholen kann und sieht, was ist da überhaupt möglich. Aber nicht nur in der Klassik, wo wir es schon lange kennen, wo man dann wirklich das Gefühl hat, man sitzt in der Kirche in Luzern, sondern auch elektronische Musik, Jazz und ein bisschen experimentellere Sachen, auch von Gregor zum Beispiel. Da hat man dann wirklich eine gute Bandbreite und das ist eigentlich das, was man vom Sampler will. Man hat wirklich das Material, wo man nicht nur für sich selber dann die glänzenden Augen kriegt, sondern auch mal sagen kann: „Hey, willst Du mal hören kommen?“ Also da kann ich dir zeigen, was das wirklich für Potenzial hat, das ganze System.


Patrick Schappert: Und der Roger, der wird uns jetzt auch demnächst auf dem Laufenden halten. Wenn Du mal eine fertige Produktion hast, die demnächst irgendwo mal erscheint, dann sagst Du mal „Pass auf hier, kannst demnächst bei Netflix oder wo auch immer vielleicht mal was von Euch sehen“. Wenn Ihr demnächst 4 % von Netflix in der Schweiz produzieren müßt, dann bin ich mal sehr gespannt, was wir für Alpen-Filme sehen. Wahrscheinlich die 120zigste die Verfilmung von Heidi oder so in Dolby Atmos. Da habe ich dann mal wirklich die Täler in meinem Wohnzimmer. Hörbar. Da bin ich mal gespannt. Oder?


Roger Baltensperger: Ich auch. Und wir können uns natürlich dann mit diesen 4 % auch ein bisschen loslösen, dass es natürlich nicht nur Heidi sein muss, sondern dass wir auch die jungen Künstler, die da sind und ein bisschen frechere Ideen haben, die vielleicht keine Finanzierung gefunden haben. Also ich bin auch sehr gespannt, dass wir dieses Heidi-Image ein bisschen aufpolieren können.


Patrick Schappert: Irgendwie ganz spontanes Beispiel, was mir eingefallen ist.


Roger Baltensperger: Genau da wird sicher auch wie auf dem Sampler eine sehr große Bandbreite an Produktionen aus der Schweiz kommen und wir werden Euch sicher auf dem Laufenden halten.


Patrick Schappert: Wir bleiben in Kontakt. So, dann hoffe ich mal, das war mal wirklich eine wunderbare..., Sonntagmorgens ist eigentlich meine Sendung mit der Maus. Das war mal eine wunderschöne Lehrstunde im Bereich von „Was passiert da eigentlich alles?“ Und wir haben Euch ja immer versprochen, wir werden versuchen, uns immer näher an die Leute heranzutasten, die also da verantwortlich sind für diese ganzen Produktionen. Und neben Daniel Vogel, der ja nun bei ARRI uns damals einen sehr, sehr tollen Einblick gegeben hat, haben wir jetzt den Roger hier, der uns auch nochmal einiges dazu erzählt hat. Und bei ihm ist eben auch der Schwerpunkt auch mit unter anderem Musik, was jetzt bei uns gerade ein echter Fokus ist. Deshalb, wir zeigen ja hier, 2/3 ist ja hier Musikveranstaltung und Musikpräsentation.


Dennis Feiler: Und das wirklich auch unabhängig vom Format. Solange es gut ist, ist uns das doch vollkommen egal, welches Format eben draufsteht: Macht das doch einfach nur gut!


Patrick Schappert: So ist es. Ein Verstärker, ein Layout und dann alle Formate drüberlaufen lassen. So machen wir das. So, dann wollen wir auch gucken, dass wir den Tag überleben. Wir haben 10:02. Es geht jetzt los. Ja, ich glaube auch. Ich glaube auch. Also. Ja, ja, ja. Das ist wieder sein Metier. Genau so ist es. Alles klar, meine Uhr sagt jetzt auch noch was dazu. Wunderbar. Dann würde ich sagen bis demnächst, bitte unseren Kanal abonnieren. Wir werden weiter berichten und Euch auf dem Laufenden halten. Bis dann. Ciao.


Roger Baltensperger: Ciao.

Wir danken Roger Baltensperger für das Gespräch und seine Zeit dafür. Wer mag, kann sich das Interview ebenfalls als Video auf unserem Grobi YouTube-Kanal ansehen.

 

 

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